Grauen im Spiegel: Frau vom eigenen Spiegelbild verschluckt
Ein grusliger Ganzkörperspiegel, der eigenartig reagiert
Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem es begann. Es war ein ganz normaler Samstag. Die Sonne schien schräg durch unser Schlafzimmerfenster, und Staubkörner tanzten im Licht.
Ich stand vor dem großen, schweren Ganzkörperspiegel, den wir von meiner Schwiegermutter geerbt hatten. Ein altes, dunkles Holzrahmenmonster, das irgendwie nicht in unsere moderne Wohnung passte. Mein Mann meinte, er verleihe dem Raum Charakter. Ich fand ihn von Anfang an unheimlich, aber ich wollte keinen Streit.
Ich betrachtete mich im Spiegel, als ich plötzlich bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Mein Spiegelbild war… verzögert. Als hätte es den Bruchteil einer Sekunde länger gebraucht, meinen Arm zu heben.
Ich blinzelte, rieb mir die Augen, lachte nervös. Vielleicht lag es am Licht, vielleicht war ich müde. Doch als ich mich abwandte, um meinen Pulli vom Bett zu nehmen, sah ich im Augenwinkel etwas, das mir das Herz gefrieren ließ: Mein Spiegelbild bewegte sich nicht mit mir.
Stattdessen stand es noch immer da, starrte mir hinterher – und grinste. Ein breites, kaltes Grinsen, das nie zu meinem Gesicht gehörte.
Ich schrie auf und fuhr herum. Doch da war nichts. Nur mein gewohntes Spiegelbild, das mich mit meinem erschrockenen Ausdruck ansah.
Ehemann glaubt Frau kein einziges Wort
„Du spinnst“, lachte mein Mann, als ich ihm davon erzählte. „Spiegelbilder grinsen nicht einfach. Das hat dir dein Gehirn sicher einen Streich gespielt bestimmt.“ Er nahm mich in den Arm, doch ich konnte den Vorfall nicht einfach wegwischen.
„Es war kein Hirngespinst“, beharrte ich. „Es hat mich angesehen. Anders… als ich. Und dieses Grinsen…“ Meine Stimme zitterte.
Er schüttelte nur den Kopf. „Du schaust zu viele Horrorfilme.“
Ich fühlte mich allein gelassen. Nachts lag ich wach und starrte in die Dunkelheit, immer mit dem Wissen, dass am anderen Ende des Zimmers dieser Spiegel stand. Dass etwas in ihm wohnte.
Ich begann, ihn zu meiden. Ich zog mich im Badezimmer um, ich schminkte mich im kleinen Spiegel über dem Waschbecken. Der große Spiegel blieb verwaist. Doch jedes Mal, wenn ich am Schlafzimmer vorbeiging, hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden.
Und manchmal… manchmal glaubte ich, das Grinsen im Glas aufblitzen zu sehen, obwohl ich gar nicht hineinsah.
Frau hängt Spiegel mit Tuch ab
Es wurde unerträglich. Ich fühlte mich, als würde das Ding mich aushöhlen, Stück für Stück.
Eines Nachmittags, während mein Mann im Büro war, schleppte ich eine alte Tischdecke herbei. Mit schnellen, hektischen Bewegungen breitete ich das schwere Leinentuch über dem Spiegel aus, bis kein Glas mehr zu sehen war. Sofort atmete ich auf. Es war, als wäre der Raum leichter geworden.
Als mein Mann nach Hause kam, zog er eine Augenbraue hoch. „Was soll das?“
„Ich halte es nicht mehr aus“, sagte ich nur. „Das Ding macht mich verrückt.“
Er seufzte, wollte das Tuch schon wieder herunterziehen, doch ich packte seine Hand. „Bitte. Lass es so. Für mich.“ Vielleicht sah er die Verzweiflung in meinem Blick, jedenfalls ließ er es geschehen.
Die nächsten Tage waren ruhiger. Ich wagte es wieder, im Schlafzimmer zu lesen. Doch nachts, wenn das Haus still war, hörte ich es. Ein leises Klopfen, ein Kratzen. Als würde etwas hinter dem Tuch versuchen, sich zu rühren. Oder gar zu befreien.
Gruselige Geräusche wecken Frau mitten in der Nacht
Es war gegen drei Uhr morgens, als ich von einem Geräusch erwachte. Ein dumpfes, regelmäßiges Pochen. Mein Herz setzte aus. Das kam nicht von draußen. Das kam aus unserem Zimmer.
Mein Mann schlief tief und fest neben mir, doch ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Das Geräusch kam vom Spiegel. Ich wusste es. Es war, als ob jemand – oder etwas – gegen die Rückseite des Glases trommelte.
Zitternd stand ich auf. Meine nackten Füße berührten den kalten Boden. Schritt für Schritt näherte ich mich dem verhängten Spiegel. Je näher ich kam, desto deutlicher hörte ich es. Ein Kratzen, ein leises Schaben, wie Fingernägel über Glas. Ich musste wissen, ob ich wahnsinnig war.
Mit stockendem Atem hob ich das Tuch an. Nur ein winziger Blick – und mein Herz blieb stehen: Der Spiegel zeigte den Raum, das Bett, den Schrank, die Tür. Alles war da. Alles spiegelte sich korrekt. Alles, außer mir. Ich fehlte.
Spiegelgestalt stürzt sich auf Frau und verschlingt sie
Ein Schrei entrang sich meiner Kehle. Panisch warf ich das Tuch wieder über den Spiegel, trat rückwärts, stolperte beinahe. Doch da wölbte sich die Stofffläche auf einmal von innen. Etwas drückte dagegen.
Eine Silhouette, riesig, breitschultrig, unmenschlich hoch. Das Laken nahm Konturen an, als würde ein gewaltiger Körper darunter erwachen.
Ich keuchte, wich zurück – doch zu spät. Mit einem heftigen Ruck stürzte die Gestalt hervor, noch immer vom Laken umhüllt. Ich konnte keine Details erkennen, nur die Umrisse eines Ungetüms, das sich bewegte wie ein Raubtier.
„Nein!“, schrie ich und riss die Arme hoch. Kalte, unsichtbare Finger packten mich. Das Ding unter dem Stoff stieß mich zu Boden, und ehe ich reagieren konnte, schlang es das Laken um meinen Körper.
Es war, als würde ich in einen gierigen Schlund gezogen. Das Tuch krallte sich in meine Haut und umschloss mich wie eine zweite Haut.
Ich schrie, doch meine Stimme erstickte in dem Stoff. Ich spürte, wie es mich verschlang, hineinriss in die Schwärze dahinter. Mein Körper wurde hinabgezogen, als würde der Boden unter mir verschwinden. Ein letzter, verzweifelter Atemzug – dann Dunkelheit.
Ein dumpfer Schlag. Dann fiel das Tuch zu Boden. Leer. Lautlos. Als sei nie jemand darunter gewesen.
Mein Mann schlief weiter, ahnungslos. Am nächsten Morgen würde er das zerknitterte Laken aufheben und sich fragen, warum der Spiegel wieder frei stand. Und vielleicht… ganz vielleicht… würde er dann bemerken, dass jemand im Spiegel fehlte.