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Bittersüßes Liedlein: Wanderer verschwinden im dunklen Wald

Vier Freunde schlagen Zelte im Wald auf

Es war Spätsommer, als sich die Freunde – Clara, Ben, Jonas und Lisa – zu einer Wanderung aufmachten. Der Wald war dicht, voller alter Bäume, der Boden weich vom Moos. Sie wollten ein Wochenende ohne Handys verbringen, nur Natur, Feuer und Geschichten.

Und vielleicht den ein oder anderen Schluck Alkohol, um die Stimmung aufzulockern.

„Hier ist es perfekt!“, rief Jonas, als sie eine Lichtung fanden. Sie stellten ihre Zelte auf, entzündeten ein kleines Feuer und lachten, während die Dunkelheit herabfiel.

Die Nacht war still. Kein Wind, kein Rascheln. Nur das Knistern des Feuers und das Zirpen der Grillen.

„Fast unheimlich, oder?“, meinte Lisa. „So still, als würde der Wald uns beobachten.“

Die anderen lachten. Doch tief in ihnen nagte ein Gefühl, das sie nicht benennen wollten. Denn sie waren tief im Wald. Sehr tief…

Wanderer hören Kinderlied im Dunkeln

Mitten in der Nacht erwachte Clara. Etwas hatte sie aus dem Schlaf gerissen. Sie hielt den Atem an und hörte es.

Eine Stimme. Hell, weich. Ein Kinderlied, langsam gesungen. Die Melodie war einfach, wie ein Schlaflied.

Doch die Stimme war viel zu nah. Direkt vor dem Zelt.

Clara rüttelte Ben wach. „Hörst du das?“

Er lauschte und erblasste. Auch die anderen wachten auf.

Niemand wagte, den Reißverschluss des Zeltes zu öffnen. Sie starrten sich an, während die Stimme weiter sang. Immer dieselben Verse, monoton, aber mit einem Unterton, der ihnen das Blut gefrieren ließ.

Dann – Stille.

Nur das eigene Herzklopfen in den Ohren.

Freunde wagen Blick hinaus

Jonas hielt es nicht mehr aus. „Ich schau nach“, flüsterte er. Mit zitternden Fingern öffnete er den Reißverschluss nur einen Spalt.

Draußen war nichts. Nur Bäume, die schwarz gen Himmel ragten.

„Siehst du was?“, hauchte Clara.

Jonas wollte antworten – da erklang das Lied erneut. Aber diesmal nicht vor dem Zelt, sondern hinter ihm. Ganz nah, direkt an seinem Ohr, als würde jemand über seine Schulter singen.

Er riss den Kopf herum. Niemand da.

Er stolperte zurück ins Zelt, bleich, unfähig zu sprechen.

Die Gruppe kauerte zusammen, keiner wagte, die Augen zu schließen. Woher kam dieses Lied? Und wer sang es? Hier, tief in diesem so einsamen und dunklen Wald. Sie hielten den Atem an. Da zog plötzlich jemand von außen das Zelt auf. Ganz langsam. Und wieder ertönte das Kinderlied.

Polizei findet nur blutige Zelte

Am Morgen war der Lagerplatz leer. Kein Clara, kein Ben, kein Jonas, keine Lisa.

Eine Woche später fanden Waldarbeiter die Zelte. Sie waren aufgerissen, voller Blutspuren, als hätte etwas Wildes darin gewütet. Von den Wanderern keine Spur.

Die Polizei erklärte offiziell, ein Tier habe sie geholt. Vielleicht Wölfe, vielleicht ein Bär. Darum wurde der Wald sofort gesperrt.

Doch hinter verschlossenen Türen erzählten die Ermittler eine andere Geschichte.

„Da war kein Tier“, sagte einer. „Die Schnitte an den Zelten… so etwas reißt kein Bär. Und diese Spuren im Boden… kleine Füße. Kinderfüße. Aber viel zu viele.“

Ein anderer schwor, in der Nacht am Fundort noch etwas gehört zu haben. Eine leise Melodie, kaum hörbar, die sich in sein Ohr brannte.

„Es war ein Lied“, flüsterte er. „Ein Kinderlied. Seitdem höre ich es manchmal wieder. Immer, wenn ich die Augen schließe. Ich krieg es nicht mehr aus meinem Kopf…“

Heute ist der Wald von hohen Zäunen umgeben. Warnschilder verbieten das Betreten. Man nennt ihn nur noch „das singende Holz“.

Einmal im Jahr, zur Zeit, als die vier verschwanden, berichten Anwohner von Stimmen im Wind. Ein Kinderlied, das zwischen den Bäumen hängt. Und manchmal – so heißt es – sieht man auf der Lichtung Gestalten. Vier junge Menschen, bleich, mit leeren Augen, die an den Bäumen stehen und mitsingen.

Keiner geht mehr dorthin. Denn wer das Lied hört, kommt nicht zurück.

Portrait des Autors
Autor · SEO · Nerd

Matt Pülz

Matt ist SEO mit einer Leidenschaft für das Schreiben. Er liebt Horrorgeschichten und kreatives Schreiben im Allgemeinen.

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