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Die Grablichter: Wer dem Licht folgt, kehrt nie zurück

Jugendliche wagen Mutprobe auf dem Friedhof

Es war eine kalte Herbstnacht und der Wind trieb feuchte Schwaden über den alten Dorffriedhof. Vier Jugendliche hatten sich dort verabredet: Eine Mutprobe, wie man sie in einem kleinen Ort eben unternahm.

Katrin, die Älteste, trug eine Taschenlampe. Neben ihr liefen Malte, nervös aber neugierig, und die Zwillinge Rieke und Fabian. „Nur eine halbe Stunde“, hatte Katrin gesagt. „Dann sind wir wieder raus.“

Die Grablichter flackerten rot und gold zwischen den Gräbern. Ein paar Kerzen waren schon heruntergebrannt, andere warfen schwaches Licht auf die Inschriften der Grabsteine. Alles wirkte friedlich.

„Siehst du? Halb so schlimm“, grinste Malte. Doch in seiner Stimme lag Unsicherheit.

Niemand ahnte, wie schnell sich die Stimmung ändern würde.

Alle Lichter erlöschen auf einmal

Sie schlenderten zwischen den Reihen, tuschelten, kicherten. Rieke stellte sich vor einen alten Engel aus Stein und fauchte: „Buh!“ Die anderen lachten.

Doch dann passierte es.

Ein Windstoß, ein Flackern und plötzlich erloschen alle Grablichter gleichzeitig. Als hätte jemand eine unsichtbare Hand über den Friedhof gelegt.

Die Dunkelheit war sofort bedrückend, fast erdrückend. Nur ein einziges Licht brannte weiter. Am hinteren Ende des Friedhofs, weit entfernt, glomm es schwach, aber deutlich.

„Das… ist nicht normal“, flüsterte Fabian.

„Vielleicht war’s der Wind“, sagte Katrin, doch sie hörte selbst, wie hohl ihre Worte klangen.

Alle vier starrten auf das eine, übrig gebliebene Licht.

Das letzte Grab lockt Jugendliche tiefer hinein

„Wir gehen nicht dorthin, oder?“ fragte Rieke leise.

„Natürlich gehen wir hin“, widersprach Malte schnell, als wollte er seine Angst überspielen. „Das ist bestimmt ein Trick, jemand hat’s vorbereitet. Oder… Es wird sich schon irgendwie erklären lassen.“

Sie gingen los. Schritt für Schritt, durch das feuchte Gras, vorbei an Reihen von dunklen Gräbern. Die Nacht war lautlos. Kein Wind, keine Tiere, nur ihre eigenen Atemzüge.

Je näher sie kamen, desto stärker schien das Licht zu werden. Es war kein normales Grablicht mehr, eher ein kaltes Leuchten, fast blau.

„Das sieht nicht aus wie eine Kerze“, flüsterte Katrin.

Das Licht flackerte, als würde es auf sie warten.

Einer aus der Gruppe verschwindet spurlos

Fabian war der Erste, der schneller ging. „Kommt schon, ich will sehen, was das ist.“

Er lief vor, während die anderen zurückblieben. Seine Silhouette zeichnete sich im fahlen Licht ab.

Dann war er plötzlich weg.

Kein Schrei, kein Geräusch. Nur Stille.

„Fabi?“ rief Rieke entsetzt. Sie rannte nach vorne und verschwand ebenfalls.

Katrin und Malte blieben wie angewurzelt zurück. Ihre Kehlen waren trocken, die Hände eiskalt.

„Das… das ist unmöglich“, stammelte Malte.

Doch das Licht blieb, glomm ungerührt, als ob nichts geschehen wäre.

Das letzte Opfer folgt dem Licht

„Wir müssen weg“, flüsterte Katrin. Sie packte Maltes Arm, zog ihn zurück. Doch er starrte auf das Leuchten, wie hypnotisiert.

„Vielleicht sind sie… drüben. Vielleicht hat das Licht sie irgendwohin geführt.“

„Hör auf!“, rief Katrin. Doch da riss er sich los und ging los. Immer schneller, bis er verschwand wie die anderen.

Nun war Katrin allein.

Ihr Herz hämmerte, Tränen liefen über ihr Gesicht. Sie wollte rennen, wollte schreien, doch ihre Beine trugen sie nicht.

Das Licht flackerte, lockte, wartete. Es zwang sie zu bleiben. Mehr noch: Am Ende konnte sie sich nicht wehren. Schritt für Schritt ging auch sie auf das Grab zu. Das Leuchten umhüllte sie und verschluckte sie schließlich.

Und dann war der Friedhof leer. Nur ein einziges Grablicht brannte.

Am nächsten Morgen bleibt nur das Licht

Als die Sonne aufging, war der Friedhof still. Spaziergänger fanden die Gräber, wie sie immer waren. Kerzen brannten, als wäre nichts geschehen.

Nur am hinteren Ende glomm noch das eine Licht. Frisch, unberührt, mit einer Flamme, die zu hell für eine Kerze war.

Von den Jugendlichen fehlte jede Spur. Keine Fußabdrücke, keine Taschenlampe, kein Laut.

Im Dorf sprach man bald von einem Unglück, von Ausreißern, von Dingen, die man nicht erklären konnte. Doch die Alten schüttelten nur die Köpfe.

„Die Grablichter“, murmelten sie. „Wer ihrem Ruf folgt, kommt nicht zurück.“

Und in manchen Nächten, wenn der Wind verstummt und die Dunkelheit besonders dicht ist, erlöschen alle Lichter auf einmal – bis auf eines. Und dann ist es schon zu spät…

Portrait des Autors
Autor · SEO · Nerd

Matt Pülz

Matt ist SEO mit einer Leidenschaft für das Schreiben. Er liebt Horrorgeschichten und kreatives Schreiben im Allgemeinen.

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