Die Hexe im Flüsterwald: Drei Kinder ziehen in ein Abenteuer
Kinder hören alte Gruselgeschichte
Es war eine Herbstnacht, das Laub raschelte im Wind und die Laternen im Dorf flackerten. In einem kleinen Wohnzimmer saßen die Freunde Mia, Leon und Jakob zusammen. Mias Oma hatte ihnen gerade eine Geschichte erzählt:
„Tief im Flüsterwald steht eine Hütte. Dort lebt eine Hexe. Wer nachts durch den Wald geht, hört sie flüstern. Und wenn man zu nah kommt, sieht man ihr grünes Licht. Doch wer mutig genug ist, kann ihr vielleicht ein Geheimnis entlocken.“
Die Kinder starrten mit großen Augen. Leon grinste schließlich: „Das ist doch perfekt für uns. Eine Mutprobe! Wir gehen da hin.“
Mia schüttelte sofort den Kopf. „Nein, das ist gefährlich!“
Doch Jakob nickte begeistert. „Wir müssen ja nur gucken, ob da wirklich was ist. Nur ein kleines Stück rein in den Wald.“
Die Kinder verabredeten sich, in derselben Nacht loszuziehen.
Freunde gehen in den Wald bei Nacht
Später, als alles still war, schlichen sie aus dem Haus. Die Taschenlampen warfen kleine Kreise auf den Boden und der Vollmond hing wie ein Auge am Himmel.
Der Wald wirkte anders als am Tag. Schatten bewegten sich zwischen den Stämmen und überall knackte es. Die Kinder gingen dicht beieinander, Mia in der Mitte.
„Hört ihr das?“ flüsterte sie.
Ein Rauschen, ein Knistern. Es klang fast, als würde jemand ihren Namen hauchen. „Miiiaaa…“
Leon lachte unsicher. „Bestimmt nur der Wind.“
Doch je weiter sie gingen, desto deutlicher wurde das Flüstern. Worte konnte man nicht verstehen, nur ein Murmeln, das von überall zu kommen schien.
Plötzlich tauchte vor ihnen ein schwaches grünes Leuchten auf. Es kam von einer kleinen Hütte, deren Fenster matt glühten.
„Das ist sie!“, keuchte Jakob. „Die Hexe!“
Kinder sehen die Hexe in der Hütte
Vorsichtig pirschten sie näher. Durch ein Fenster sahen sie eine Gestalt. Krumm, mit einem spitzen Hut und in der Hand hielt sie einen Löffel, mit dem sie in einem großen Kessel rührte.
Der Kessel brodelte und das grüne Licht schimmerte an den Wänden. Die Hexe summte eine Melodie, tief und kratzig.
„Wir sollten sofort zurück!“, flüsterte Mia und wollte schon umdrehen.
Doch da krachte eine Tür auf. Die Hexe trat hinaus, den Kessel rührend zurücklassend. Sie hielt eine Laterne hoch und blinzelte in die Dunkelheit.
„Wer da?“, rief sie mit einer Stimme, die wie Wind durch Blätter klang.
Die Kinder duckten sich ins Gebüsch. Doch plötzlich richtete die Hexe ihren Kopf genau auf sie. „Kommt heraus… ich habe euch schon gehört.“
Herzklopfen. Doch langsam traten sie hervor.
Hexe spricht rätselhaft mit den Kindern
Die Hexe war nicht so furchterregend, wie sie gedacht hatten. Ihr Gesicht war zwar runzlig, die Nase krumm, aber in ihren Augen funkelte etwas – Neugier, nicht Zorn.
„Warum schleicht ihr Kinder nachts in meinen Wald?“ fragte sie.
Leon stotterte: „Wir… wir wollten nur sehen, ob es dich wirklich gibt.“
Die Hexe lachte leise. „Mich gibt es schon sehr, sehr lange. Aber nur wenige haben den Mut, mich zu besuchen.“
Sie hob die Laterne. „Habt keine Angst. Ich fresse keine Kinder. Ich bewahre ein Geheimnis. Und vielleicht verrate ich es euch, wenn ihr es verdient.“
Die Kinder tauschten unsichere Blicke. Mia fasste sich ein Herz. „Welches Geheimnis?“
Die Hexe lächelte. „Der Flüsterwald erzählt Geschichten. Wenn ihr zuhört, hört ihr, was längst vergessen ist.“
Kinder erfahren das Geheimnis des Flüsterwaldes
Die Hexe führte sie zur Hütte. Drinnen roch es nach Kräutern und Holzrauch. Der Kessel brodelte leise, aber darin schwammen keine unheimlichen Dinge, sondern nur eine Suppe aus Gemüse.
„Man hat Angst vor mir, weil ich allein lebe“, sagte sie. „Doch ich bin hier, um die Stimmen des Waldes zu hüten.“
Die Kinder lauschten. Da hörten sie wieder das Flüstern, diesmal klarer. Stimmen wie aus einer anderen Zeit: Lachen, alte Lieder, sogar das Klappern von Wagenrädern.
„Das sind Erinnerungen“, erklärte die Hexe. „Der Wald bewahrt sie. Wer zuhört, kann Geschichten der Vergangenheit hören. Doch die Menschen fürchten, was sie nicht verstehen, also machten sie aus mir ein Monster.“
Die Kinder sahen sie staunend an. „Dann bist du gar nicht böse?“, fragte Jakob.
„Nein“, sagte die Hexe in sanftem Ton. „Aber jeder, der mich sieht, muss das Geheimnis bewahren. Sonst verstummt der Wald.“
Die Kinder nickten feierlich. Sie fühlten sich, als hätten sie etwas Kostbares entdeckt.
Kinder kehren verändert zurück ins Dorf
Kurz darauf führte die Hexe sie wieder hinaus. „Geht nun. Der Morgen naht. Doch vergesst nie, was ihr gehört habt. Und was ich euch anvertraut habe.“
Im ersten Licht der Dämmerung liefen die Kinder zurück zum Lagerplatz. Sie waren erschöpft, doch ihre Herzen pochten vor Aufregung.
Am nächsten Tag fragten andere Kinder, wo sie gewesen seien. Mia, Leon und Jakob lächelten nur geheimnisvoll. „Wir haben etwas gesehen, das wir nicht verraten können.“
Von diesem Tag an hörten sie den Wald anders. Jeder Windstoß, jedes Rascheln klang wie Worte, die nur für sie bestimmt waren.
Und wenn sie Jahre später an den Flüsterwald dachten, wussten sie: Die Hexe war keine Bedrohung, sondern eine Hüterin. Und ihr Geheimnis würden sie niemals brechen und niemals ausplaudern.