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Die letzte Fahrt: Taxifahrer bringt Fremden zur verlassenen Klinik

Taxifahrer trifft auf den seltsamen Fahrgast

Es war spät. Regen prasselte auf die Motorhaube von Markos Taxi, der Scheibenwischer quietschte unermüdlich hin und her. Er seufzte. Eigentlich hatte er schon Feierabend machen wollen, doch eine letzte Fahrt nahm er meistens noch mit.

An der Ecke einer düsteren Seitenstraße sah er ihn: einen Mann, hochgewachsen, in einen dunklen Mantel gehüllt, der triefend nass vom Regen war. Der Fremde hob ruhig den Arm, als hätte er genau gewusst, dass Marko hier entlangfahren würde.

Marko hielt an. „Wohin soll’s gehen?“ fragte er, als der Mann sich langsam auf den Beifahrersitz sinken ließ.

Die Stimme des Fremden war tief und rau, fast heiser. „Zum alten Sankt-Margareten-Krankenhaus.“

Marko blinzelte irritiert. „Das? Das steht doch seit Jahren leer. Da fährt doch keiner hin.“

Der Mann sah ihn mit seltsamen Augen an, hell und klar trotz der Dunkelheit. „Ich schon.“

Gespräche auf einer endlosen Landstraße

Marko fuhr los. Das Taxi glitt durch die nassen Straßen, während die gelben Straßenlaternen immer seltener wurden. Der Fremde schwieg zunächst, bis Marko das Schweigen nicht mehr aushielt.

„Arbeiten Sie dort irgendwie?“, fragte er zögerlich. Auch wenn er nicht wusste, wie das aussehen könnte.

„Früher einmal“, antwortete der Mann. „Sehr lange her.“

„Arzt?“, hakte Marko nach.

„Etwas in der Art.“ Der Fremde sah hinaus in die Dunkelheit. „Ich habe vielen Menschen geholfen. Aber nicht allen konnte ich helfen.“

Marko schüttelte den Kopf. „Da drin war ich mal als Kind. Da roch es nach Desinfektionsmittel und… na ja… Krankenhaus eben. Jetzt ist es nur noch eine Ruine. Ein verlorener Ort.“

Der Mann lächelte schwach. „Verloren ist er nicht. Manche kehren zurück. Auch wenn sie das eigentlich nicht mehr sollten.“

Ein Schauer lief Marko den Rücken hinunter. Er versuchte, sich auf die Straße zu konzentrieren, aber irgendetwas an der Art, wie der Fremde sprach, ließ ihn frösteln.

Eine unheimliche Geschichte aus der Vergangenheit

Nach einigen Kilometern wagte Marko eine weitere Frage. „Warum wollen Sie mitten in der Nacht dorthin? Ist doch gefährlich. Einsturzgefahr und so.“

Der Fremde antwortete erst nach einer langen Pause. „Ich habe dort etwas zurückgelassen. Und manchmal… holen die Dinge uns irgendwann wieder ein.“

Marko räusperte sich. „Sie meinen Akten oder so?“

„Nein“, sagte der Mann mit seltsamem Nachdruck. „Menschen.“

Marko runzelte die Stirn. „Wie meinen Sie das?“

„Manchmal bleiben Seelen an einem Ort hängen“, fuhr der Fremde fort. „Sie wandern nicht weiter. Sie warten. Und manche von uns… kehren zurück, um sie zu begleiten.“

Marko schluckte. War das ein makaberer Scherz? Oder redete er da von Geistern? Der Regen trommelte wie kleine Finger auf das Dach des Wagens.

„Sie klingen wie ein Geistlicher“, sagte er, halb spöttisch, halb nervös.

Der Mann drehte langsam den Kopf zu ihm. „Vielleicht bin ich das auch.“

Die Fahrt wird immer seltsamer

Sie fuhren inzwischen auf einer Landstraße, weit entfernt von der Stadt. Links und rechts dehnten sich Felder und Wälder, tiefschwarz im Regen. Keine Häuser, keine Lichter mehr.

Marko fühlte sich plötzlich eingesperrt in dem kleinen, warmen Taxi mit diesem seltsamen Fahrgast. Doch er zwang sich, weiterzufragen.

„Wohnen Sie hier draußen?“

„Nicht mehr.“

„Und … wo waren Sie, bevor ich Sie aufgelesen habe?“

Der Mann schwieg eine Weile. Dann sagte er leise: „Sie haben mich nicht aufgelesen. Ich habe Sie gefunden.“

Marko lachte unsicher. „Na klar. Genau so fühlt sich das an.“ Doch tief in seinem Inneren war ihm nicht mehr zum Lachen.

Ein Blick auf die Uhr: schon fast Mitternacht. Und das Krankenhaus kam näher.

Ankunft am verlassenen Krankenhaus

Die Bäume lichteten sich, und plötzlich stand es vor ihnen: das alte Sankt-Margareten-Krankenhaus. Ein gewaltiger, grauer Bau, dessen Fenster wie leere Augenhöhlen in die Nacht starrten. Das Dach war an mehreren Stellen eingestürzt, Efeu kroch die Mauern hoch. Ein Ort, an dem niemand sein wollte.

Marko parkte vor dem rostigen Tor. „Endstation. Aber… hier ist doch niemand. Wollen Sie wirklich…?“

Er verstummte. Der Beifahrersitz war leer. Keine Mantelspuren, kein Fahrgast. Nur ein nasser Abdruck auf dem Stoff, so als hätte dort jemand gesessen, triefend vom Regen.

„Hallo?“ rief Marko. Seine Stimme zitterte. „Wo sind Sie?“

Keine Antwort. Nur das Tropfen des Wassers vom Dach des Wagens.

Marko spürte, wie sein Herz raste. Er griff nach der Tür, öffnete sie vorsichtig und stieg aus. Der Regen war kälter geworden, der Wind pfiff durch die zerbrochenen Fenster des Krankenhauses.

Dann hörte er es. Schritte. Deutlich. Knirschend auf dem Kies des Vorplatzes. Langsam, schwer – und doch war niemand zu sehen.

 

Die letzte Fahrt: Schritte im Dunkeln

„Hallo?“ rief er erneut, diesmal lauter. Seine Stimme hallte zwischen den Mauern wider.

Plötzlich bewegte sich eines der zerbrochenen Fensterläden, schlug gegen die Wand. Marko fuhr herum, das Herz schlug ihm bis zum Hals.

Dann bemerkte er, dass die hintere Tür seines Taxis offenstand. Er war sicher, sie nicht geöffnet zu haben.

Langsam ging er zurück. Zögernd blickte er hinein. Die Sitze waren leer. Doch der Geruch von feuchtem Mantel hing noch immer in der Luft.

Da hörte er es wieder. Schritte. Diesmal direkt hinter ihm.

Er wirbelte herum – und blickte in die gähnende Schwärze des alten Krankenhauses.

Markos Schrei hallte durch die Nacht, dann war es wieder still. Nur der Regen fiel weiter, und das Taxi stand verlassen vor den Mauern des Sankt-Margareten-Krankenhauses.

Portrait des Autors
Autor · SEO · Nerd

Matt Pülz

Matt ist SEO mit einer Leidenschaft für das Schreiben. Er liebt Horrorgeschichten und kreatives Schreiben im Allgemeinen.

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