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Die Stimme aus dem Brunnen: Grauen aus der Tiefe

Ein Spielplatz voller Geheimnisse

Es war ein warmer Spätsommertag, als Leo, Emma und Kilian beschlossen, den alten Bauernhof am Waldrand zu erkunden. Der Hof war seit Jahren verlassen. Das Dach war teilweise eingestürzt und die Felder wucherten voller Unkraut. Für die Kinder war es der perfekte Abenteuerspielplatz.

Sie liefen durch die leeren Ställe, warfen Steine in verrostete Futtertröge und fanden schließlich etwas, das ihre Neugier sofort weckte: Einen zugemauerten Brunnen im hinteren Hof.

„Da ist doch nichts drin“, meinte Kilian, aber Emma kniete sich hin und legte das Ohr an die kühle Mauer.

Dann hörten sie es: eine leise, flehende Stimme.

„Hilfe… bitte…“

Leo starrte Emma an. „Hast du das gehört?“

Emma nickte, bleich geworden. „Da unten ist jemand.“

Erwachsene glauben an einen Unfall

Die Kinder rannten ins nächste Dorf. Aufgeregt erzählten sie den Erwachsenen, dass jemand im Brunnen steckte. Ein älterer Landwirt, Herr Brandt, schüttelte den Kopf, doch als er den Ernst in den Gesichtern der Kinder sah, zögerte er.

„Wenn da wirklich einer drin ist, müssen wir helfen“, sagte er. Er trommelte noch zwei Männer zusammen und gemeinsam fuhren sie mit einem alten Traktor zum Hof.

„Zeigt uns den Brunnen“, forderte Brandt.

Am zugemauerten Schacht legten sie die Ohren an die Steine. Zunächst hörten sie nichts – dann ein schwaches, klagendes Wimmern.

„Da ist wirklich jemand!“ rief einer der Männer. „Wir müssen die Steine wegmachen.“

Die Kinder schüttelten den Kopf. „Wir sind alle da! Niemand von uns ist da unten!“

Doch die Männer winkten ab. „Vielleicht ist es ein anderes Kind. Wir dürfen keine Zeit verlieren.“

Der Brunnen wird geöffnet

Mit Brecheisen und Hämmern lösten sie vorsichtig die Mauersteine. Stück für Stück legten sie die Öffnung frei, bis ein dunkles Loch gähnte, tief und schwarz. Ein fauliger Geruch wehte ihnen entgegen.

„Da unten ist jemand“, sagte Brandt. „Ich hab’s genau gehört.“

Die Kinder hielten Abstand, sie fühlten sich unwohl. Irgendetwas an der Stimme hatte nicht wie ein Kind geklungen, eher wie ein Flüstern, das sich verstellte.

„Holt das Seil“, befahl Brandt. „Ich geh runter.“

Die Männer knoteten das dicke Hanfseil um seine Taille.

„Wenn du unten bist, ruf uns. Wir ziehen dich hoch, wenn du was findest.“

Schreie aus der Tiefe

Brandt ließ sich langsam in die Dunkelheit hinab. Das Seil spannte sich, Zentimeter für Zentimeter verschwand er im Schacht.

Oben standen die Männer, hielten das Seil straff, während die Kinder sich aneinander klammerten.

„Alles in Ordnung?“ rief einer hinab.

„Ja… es ist glitschig hier unten…“, kam die Antwort. „Ich… warte… da ist etwas…“

Dann ein scharfes Geräusch. Ein Kratzen, als würde Metall auf Stein schaben.

„Brandt?“

Ein Schrei gellte aus der Tiefe. Laut, schrill, voller Panik.

„Zieht mich hoch! Zieht mich hoch!“ Das Seil zuckte, ruckte heftig, als würde etwas daran reißen. Die Männer zerrten, die Kinder schrien.

„Haltet fest!“ Das Seil wurde schwerer, als ob etwas von unten daran zog. Dann ein plötzliches Rucken – Stille.

Der schreckliche Fund

Mit aller Kraft zogen sie das Seil hoch. Zentimeter um Zentimeter kam es zum Vorschein, nass, verdreckt, mit dunklen Flecken.

Als der Knoten sichtbar wurde, verstummten alle.

Am Ende des Seils hing nicht mehr Herr Brandt, sondern etwas anderes: ein Skelett, an dem nur noch ein paar einzelne Fleischfetzen hingen, das Seil tief in die Knochen eingeschnitten. Brandts Skelett.

Die Kinder schrien auf, die Männer taumelten zurück.

Das Seil rutschte ihnen aus den Händen, das Knochengerüst schlug klirrend auf den Boden.

Und dann, aus der Dunkelheit des Brunnens, erklang die Stimme wieder. Ruhig. Fast freundlich.

„Danke. Jetzt bin ich satt.“

Die Kinder flohen, die Männer ebenso. Der Brunnen wurde nie wieder geöffnet. Die Kinder erzählten später, dass sie in der folgenden Nacht noch einmal die Stimme hörten – diesmal leise lachend.

Niemand ging je wieder zu dem Hof.

Portrait des Autors
Autor · SEO · Nerd

Matt Pülz

Matt ist SEO mit einer Leidenschaft für das Schreiben. Er liebt Horrorgeschichten und kreatives Schreiben im Allgemeinen.

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