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Die verlorene Stimme: Nächtliches Grauen aus dem Kleiderschrank

Talentierte Sängerin verliert plötzlich ihre Stimme

Verena war eine begabte Sängerin. Mit ihren siebenundzwanzig Jahren hatte sie schon einige kleinere Auftritte hinter sich, vor allem in Bars und kleinen Theatern. Ihre Stimme war ihr ganzer Stolz – klar, warm, mit einer Kraft, die jeden Raum füllen konnte.

An einem Samstagabend stand sie wieder auf der Bühne. Der Saal war voll, die Leute klatschten begeistert, als sie ihr letztes Lied sang. 

Doch kurz vor der letzten Strophe passierte es: Ihre Stimme brach weg. Ein Krächzen, ein schmerzhaftes Reißen in ihrem Hals. Sie presste die Lippen aufeinander, doch kein Ton kam mehr heraus.

Verwirrt und beschämt stand sie auf der Bühne, bis das Lied endete. Der Applaus war höflich, doch Verena spürte nur Panik.

Am nächsten Morgen war ihre Stimme ganz verschwunden. Kein Husten, kein Flüstern, nichts. Sie konnte sprechen, aber kein Ton wollte klingen. Ärzte fanden keine Ursache. „Ihre Stimmbänder sind gesund“, sagten sie. „Es ist wohl psychisch.“

Verena fühlte sich, als hätte man ihr das Herz genommen.

Die verlorene Stimme: Frau hört nachts Gesang aus dem Schrank

Einige Nächte später lag Verena wach in ihrer kleinen Wohnung. Der Mond schien blass durch die Vorhänge, draußen fuhr ein Auto vorbei. Alles war still.

Bis sie es hörte.

Gesang. Leise, melodisch. Ihre Stimme.

Verena setzte sich auf. Das Lied war eindeutig ihr eigenes – das letzte, das sie auf der Bühne gesungen hatte. Doch es kam nicht aus ihrem Mund. Es kam aus dem Kleiderschrank in der Ecke des Zimmers.

„Das… kann nicht sein“, flüsterte sie heiser. Sie schlich zum Schrank, legte das Ohr an die Tür. Der Gesang war klarer, stärker. Sie öffnete den Schrank. Und es verstummte. Nur ihre Kleidung hing dort, reglos.

Zitternd schloss sie die Tür wieder und kroch zurück ins Bett. Aber kaum hatte sie die Augen geschlossen, begann der Gesang von Neuem.

Ihre Stimme, die sie verloren hatte, sang aus der Dunkelheit.

Gesang wird Nacht für Nacht lauter

In den folgenden Nächten wurde es schlimmer. Der Gesang begann früher, dauerte länger, wurde lauter. Erst nur leise Melodien, dann ganze Lieder, die sie einst gesungen hatte.

Verena hielt sich die Ohren zu und vergrub den Kopf im Kissen, doch die Stimme drang hindurch, als würde sie direkt in ihrem Kopf singen.

Manchmal klang es nicht nur nach Gesang, sondern nach Flüstern. Worte, die sie nicht ganz verstand. Manchmal schien es, als rufe die Stimme ihren Namen.

Sie wagte kaum noch zu schlafen. Dunkle Ringe zeichneten sich unter ihren Augen ab, ihre Hände zitterten ständig. Ihre Nachbarn fragten, ob es ihr gut gehe, doch sie lächelte nur schwach und zog sich zurück.

Eines Nachts hielt sie es nicht mehr aus. Sie riss den Schrank weit auf, schrie heiser: „Gib sie mir zurück!“

Drinnen war alles still. Doch plötzlich fiel ein Kleidungsstück von der Stange, als hätte jemand es gestoßen. Verena taumelte zurück.

Frau sieht Gestalt in eigenem Spiegel

Der nächste Morgen brachte keine Erleichterung. Im Bad wusch sie sich das Gesicht, blickte in den Spiegel – und erstarrte.

Hinter ihr, im verschwommenen Spiegelbild, stand jemand.

Es war sie selbst. Doch die Gestalt sang. Der Mund bewegte sich, Ton für Ton, mit derselben Stimme, die aus dem Schrank gekommen war.

Verena wirbelte herum. Niemand da. Nur ihr eigenes, erschöpftes Gesicht im Spiegel.

Sie stützte sich auf das Waschbecken, Tränen brannten in ihren Augen. „Was willst du von mir?“ flüsterte sie.

Das Spiegelbild öffnete den Mund. Und das, obwohl Verena in der Realität ihren Mund nicht bewegte. Nur im Spiegel sang sie, lautlos, mit geweiteten Augen.

Sie floh aus dem Bad, knallte die Tür zu, presste den Rücken dagegen. Der Gesang hallte weiter. Unüberhörbar.

Stimme nimmt Verena ihr Leben

Von da an hörte sie die Stimme auch am Tag. In jeder Stille, in jedem Schatten. Manchmal summte es in der Küche, manchmal sang es in der Dusche, manchmal aus der Schublade ihres Schreibtisches.

Verena versuchte alles: Sie stellte den Schrank auf die Straße, warf Spiegel weg, spielte laute Musik. Doch die Stimme sang darüber hinweg, unaufhaltsam.

Sie ging nicht mehr aus dem Haus, mied Freunde, mied die Welt. Immer mehr fühlte sie sich wie eine leere Hülle, während die Stimme stärker wurde.

Eines Abends, als der Mond wieder voll war, hörte sie ein Konzert. Ihre Stimme sang nicht mehr nur Lieder, die sie kannte. Sie sang neue Melodien, fremd und doch überwältigend. Der ganze Raum vibrierte davon.

Verena kniete am Boden, hielt sich die Ohren zu. „Hör auf! Hör auf!“

Doch die Stimme lachte nun zwischen den Tönen. „Du bist still. Ich singe jetzt für dich.“

Sängerin verschwindet spurlos in der Nacht

Am nächsten Tag ging Verena nicht mehr ans Telefon. Nachbarn bemerkten, dass ihre Wohnungstür einen Spalt offenstand.

Im Schlafzimmer hing der Schrank offen. Kleidung lag verstreut auf dem Boden. Auf dem Tisch lag Verenas Notenbuch, die Seiten leergerissen.

Von Verena selbst fehlte jede Spur. Nur ein leiser Gesang wehte durch den Raum, kaum hörbar, wie aus weiter Ferne.

Es war ihre Stimme.

Seitdem erzählt man sich, dass die Wohnung nachts nicht still ist. Wer dort vorbeigeht, will Gesang hören – klar, wunderschön und doch eiskalt.

Verena wurde nie gefunden. Ihre Stimme aber singt weiter.

Und sie hört niemals auf.

Portrait des Autors
Autor · SEO · Nerd

Matt Pülz

Matt ist SEO mit einer Leidenschaft für das Schreiben. Er liebt Horrorgeschichten und kreatives Schreiben im Allgemeinen.

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